Bastien Girod, Mo 06.04.20

So schnell wird die Corona-Krise nicht vorbei gehen. Dabei scheinen wir folgende Optionen zu haben, die uns beide in Demokratien befremdlich vorkommen:

Option 1 kann als «kontrolliertes Durchseuchen» bezeichnet werden. Diese Option beinhaltet Shutdown wie heute mit kleineren bis mittleren Lockerungen, damit sich der wirtschaftliche Schaden in Grenzen hält. Mit ein wenig Glück können wir Schulen und gewisse Unternehmen wieder öffnen, aber alles Richtung Versammlungen, Treffen, Touristik, Restaurants, Messen, Reisen wird nicht gehen.  

Bislang haben wir keinerlei Indikation, dass diese Option 1 funktioniert. Es kann durchaus sein, dass fast keine Lockerungen möglich sein werden, weil sonst die Krankenhauskapazität übertroffen wird. Es kann also durchaus sein, dass wir 1.5 bis 2 Jahre im heutigen Zustand verharren müssten. Das halten selbst die stärksten Staatsfinanzen nicht aus. Das Milliarden Darlehensprogramm von vergangener Woche ist beispielsweise nur für die ersten 3 Monate ausgelegt.

Option 2 ist das Zurückdrängen des Virus durch kurzfristig noch drastischere Massnahmen, und dann wenn die neu Infektionen gegen Null gehen, eine schrittweise Lockerung. Gleichzeitig  ein systematisches Testen aller Verdachstfälle sowie ein regelmässiges testen  möglichst  aller Menschen. Danach ein striktes Verfolgen von jeder Infektion. Und wie zu Beginn der Krise eine sofortige Quarantäne bei dem kleinstem Verdacht. An der Grenze bräuchte es ein striktes Regime für alle Länder, welche nicht selber auch diese Strategie verfolgen, sprich Tests und Quarantäne in Verdachtsfällen.  

Aus Asien haben wir die Indikation, dass Option 2 funktionieren kann, und damit bereits nach 2 bis 3 Monaten wieder schrittweise zur Normalität zurück gefunden werden kann. Und auch Risikopersonen wieder am Gesellschaftlichen Leben teilnehmen können, sprich unsere Eltern wieder ihre Enkelkinder sehen können.

Diese Option 2 wird auch von Wissenschafter empfohlen. Doch auch hier gibt es Unsicherheiten. Insbesondere auch in Bezug auf die Grenzen, weil die Schweiz im Unterschied zu China oder Südkorea viel stärker abhängig vom Austausch mit ihren Nachbar Länder ist.

Aber schlussendlich ist es auch eine politische Frage. Deshalb diese Kolumne. Wir sollten diese Entscheide nicht einfach den Experten überlassen. Es geht auch darum ob wir unsere Eltern und Risikopersonen 1-2 Jahren quasi unter Quarantäne stellen sollen gemäss Option 1, oder im Zweifel auch gesunde Menschen (Verdachstsfälle) in Quarante stecken wie in Option 2. Auch stellt sich die Frage ob wir auf einen überraschenden Durchbruch bei der Impfung oder medizinischen Behandlung hoffen wie in Option 1, oder ein noch viel strengeren Shutdown als heute durchsetzen, um dann früher wieder zur Normalität zurück zu kehren was Option 2 entspricht.

Ich tendiere zu Option 2 (Zurückdrängen), vorallem auch, weil sonst mit Option 1 (Durchseuchen) Kosten für Gesellschaft aufgrund der langen Isolation der Risikiopersonen (Ü65 und Menschen mit Vorerkankungen) sowie für Wirtschafts und Staatsfinanzen untragbar werden. Also besser ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende.

 

(erschienen im P.S. am 3.4.20)