Einleitung

Menschen können nicht Nicht-Wohnen. Jede und jeder braucht ein Dach über dem Kopf und Schutz vor Kälte und Nässe, zudem auch Privatsphäre und gute Nachbarschaft. Häuser sind Teil der Umgebung und beanspruchen Boden – ein nicht vermehrbares und mittlerweile knappes Gut.

Wohnen kostet. In vielen städtischen Gebieten geben die Menschen mehr als ein Drittel ihres Einkommens für das Wohnen aus.

Unsere Winter sind kalt. Bauen muss hier vorsorgen, ansonsten werden weiterhin unnötig Ressourcen verheizt und Mensch und Umwelt geschädigt.

Wohnen ist eng verknüpft mit ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Fragestellungen. Zu allen diesen Bereichen haben die Grünen Stadt Zürich politische Strategien und handfeste Vorschläge entwickelt.

1. Bezahlbarer Wohnraum

Immer weniger Menschen können sich Wohnraum in der Stadt Zürich auf dem freien Wohnungsmarkt leisten. Aus diesem Grund haben die Stimmberechtigten 2011 mit überwältigender Mehrheit (76%) dem verstärkten Ausbau von preisgünstigem, gemeinnützigem Wohnraum zugestimmt. Die Stadt hat seither etliche Projekte umgesetzt, es braucht aber noch weitere Anstrengungen, um die gesetzten Ziele zu erreichen.

Die Grünen unterstützen alle Massnahmen zu Gunsten von mehr bezahlbaren Wohnungen (in Kostenmiete), sei dies mit der Stadt selbst als Bauherrin oder durch Unterstützung von sinnvollen genossenschaftlichen Neu- und Umbauprojekten.

2. Subventionierter Wohnraum für alle, die darauf angewiesen sind

Die einkommenschwächsten Haushalte stehen besonders unter Druck. Bei kleinen Budgets frisst die Miete oftmals über ein Drittel des Einkommens weg. Zu hohe Mietkosten sind ein Armutsrisiko und führen zu Verdrängungsbewegungen und problematischen «Ghettobildungen» an weniger attraktiven Wohnlagen.

Die Subventionierung der Wohnungsmiete ist für einkommensschwache Haushalte die wichtigste Massnahme. In Baurechtsverträgen, bei Aufzonungen und Sondernutzungsplanungen kann die Stadt einen Mindestanteil subventionierter Wohnungen einverlangen. Die Anzahl subventionierter Wohnungen soll kontinuierlich dem Bedarf entsprechend erhöht werden.

Die Belegungsvorschriften für subventionierte Wohnungen müssen endlich der gesellschaftlichen Realität angepasst werden. Das Gesetz der Wohnbauförderung ist überholt und soll zukünftig nicht nur Familien im traditionellen Sinn, sondern unterschiedliche Formen von Zusammenleben unterstützen (Bsp. Grosswohnungen für Wohngemeinschaften oder Familienwohngemeinschaften).

3. Umweltschonend Bauen und energetisch Sanieren ≠ teure Mieten

Günstige Mieten bedingen beim Bauen nicht zwingend Abstriche bei Nachhaltigkeit und energetischen Massnahmen – im Gegenteil. Die städtische Grüne Stiftung für «Bezahlbares und ökologisches Wohnen» wird hier mit Vorzeigeobjekten eine Vorreiterrolle einnehmen.

Wohnhäuser müssen primär besser isoliert sein, mindestens im Minergie-P-Standard, so dass weniger geheizt werden muss. Der übrig gebliebene Wärmebedarf kann leicht mit Solarenergie oder mit aus erneuerbaren Energien betriebenen Erdsonden abgedeckt werden. Der Minergie-P-Standard lässt sich auch ohne den kostentreibenden Komfortteil realisieren.

4. Menschenfreundliche Siedlungs-Architektur

Intelligente und innovative Architektur kann den sozialen Zusammenhalt in der Nachbarschaft fördern. Die Parterre-Nutzung der Gebäude soll Raum für Begegnungen schaffen und der Versorgung der Quartierbevölkerung dienen. Sinnvollerweise stehen Gemeinschafts- und Aussenräume den Bewohner_innen flexibel zur Verfügung, womit in der Folge der private Raumbedarf auf eine ökologisch vertretbare Maximalfläche von 40 m2 pro Person reduziert werden kann.

5. Autofreies Wohnen in den Städten ohne Bürokratie!

Die städtische Bevölkerung verzichtet dank guter öffentlicher Verkehrsversorgung, immer besser werdenden Velowegen und der Quartierversorgung in Pantoffeldistanz, je länger je mehr auf ein privates Auto. Deshalb muss Parkplatz-freies Bauen ohne unnötige Hürden möglich sein.

Heute ist jeder Bauherr, der eine autofreie Siedlung bauen will, wegen des Systems mit den blauen Zonen verpflichtet, seinen Mieter_innen mit Knebel-Mietverträgen das Auto komplett zu verbieten. Das ist bevormundend und bedingt viel Bürokratie. Die geltenden Vorschriften zwingen zum Bauen von Tiefgaragen oder Parkplätzen, was die Mietkosten massiv verteuert und zu problematischen Querfinanzierungen zwischen Wohn- und Parkraum führt.

Wer ohne eigenes Auto lebt, soll auch von einem günstigeren Mietzins in autofreien Wohnsiedlungen profitieren können. Autobesitzer_innen sollen eine kostendeckende Parkplatzmiete entrichten.

6. Mehr Grün am Haus

Lieb- und lebloses Abstandsgrün zwischen Häusern und Asphalt war gestern. Heute ist ein nutz- und erlebbarer Aussenraum angesagt, der sich am und über dem Haus fortsetzt. Wertvoll begrünte Dächer sind heute schon Pflicht und bieten durchaus noch Platz für eine Solaranlage auf Stelzen. Auch Fassaden und Balkone sind Aussenräume, welche durch gut gestaltete Begrünung die Lebensqualität spürbar verbessern. So entsteht nicht nur mehr Grün für die Menschen, genauso finden seltene Pflanzen und bedrohte Vogelarten dringend benötigten Lebensraum, das Stadtklima wird verbessert und die ökologische Vielfalt bringt einen optischen Gewinn.

Solche Ansätze sollen konsequent gefördert werden und u.a. in Architekturwettbewerben und Ausschreibungen zu einem zentralen Qualitätskriterium werden.

7. Boden der Spekulation entziehen

Langfristig soll der Boden allen gehören. Nur so kann dieses knappe und nicht vermehrbare Gut der Spekulation entzogen werden. Gehört der Boden der Allgemeinheit, bleiben die Wohnkosten für alle bezahlbar. Die hohen Mieten entstehen viel weniger durch den Hausbau als vielmehr durch den Bodenpreis. Die Vergabe des Bodens für Wohnungsbau muss an griffige Bedingungen wie Kostenmiete, hohe Benutzungsdichte oder ökologische Vielfalt geknüpft werden.

Die Senkung der Wohnkosten kann die privaten Haushalte wesentlich entlasten und fördert eine moderate und gerechte Wohlstandsentwicklung in breiten Bevölkerungsschichten.

8. In Nachbarschaften denken und planen

Planung und Entwicklung von Wohnraum dürfen nicht beim einzelnen Gebäude und beim einzelnen Hauseigentümer halt machen. Um eine gute Qualität des Zusammenlebens, den sozialen Zusammenhalt im Quartier und nicht zuletzt die Finanzierbarkeit von gemeinschaftlicher Infrastruktur zu gewährleisten, muss nachbarschaftliches Zusammenleben stärker gefördert und bei Neu- und Umbauprojekten als zentrales Element mitberücksichtigt werden. Statt eines Alibispielplatzes in jedem zweiten Haus könnte beispielsweise ein grösserer Abenteuerspielplatz mit Grillstelle realisiert werden, an dessen Kosten sich alle umliegenden Eigentümer beteiligen. Dadurch frei werdende Grünflächen können neu genutzt und ökologisch wertvoll oder essbar bepflanzt werden. Gemeinsame Saunas, Quartierdepots, Bäckereien, Guesthouses statt privater Gästezimmer oder sogar Schwimmteiche sind sinnvoll und steigern gleichzeitig die Lebensqualität für alle.

9. Raumlenkungsabgabe

Mit einer Lenkungsabgabe für den Verbrauch von Wohnfläche kann ein starker und unbürokratischer finanzieller Anreiz geschaffen werden, um den Wohnflächenverbrauch zu senken. Sowohl Mieter_innen wie auch Eigentümer_innen sollen jährlich eine Lenkungsabgabe pro Quadratmeter Wohnfläche bezahlen. Der gesamte Betrag wird gleichmässig an die im Kanton wohnhafte Bevölkerung zurückbezahlt. Personen, die mehr Wohnraum als der Durchschnitt bewohnen, bezahlen in der Summe mehr Abgaben als sie zurückbekommen, wer weniger Wohnfläche braucht, bekommt einen Überschuss. Auch für Zweitwohnungen fällt die Lenkungsabgabe an, es gibt jedoch keine Ausschüttung dafür.[1]

 

[1]Kurzes Rechenbeispiel: Wenn die Lenkungsabgabe z.B. CHF 100.- pro Quadratmeter Wohnfläche beträgt und der durchschnittliche Wohnflächenverbrauch 50 Quadratmeter ist, dann wird Ende des Jahres jeder im Kanton Zürich wohnhaften Person CHF 5000.- ausgeschüttet. Personen mit einem unterdurchschnittlichen Wohnflächenverbrauch von 35 Quadratmeter bezahlen also CHF 3’500.- Lenkungsabgabe und gewinnen somit durch die Lenkungsabgabe netto CHF 1500.-. Wird die Lenkungsabgabe höher als CHF 100.- angesetzt, steigt der Anreiz auf kleinere Wohnflächen entsprechend.