Aus dem Forum der Parteien im Tagblatt der Stadt Zürich

Auch in der Stadt macht Velofahren Spass, wenn den Velofahrenden genug Platz eingeräumt wird, wie auf der neuen Velovorzugsroute an der Baslerstrasse. Dieser Abschnitt ist aber leider die Ausnahme und nicht die Regel. Meistens erhalten die Autos viel Platz, der dann dem Velo fehlt. An der Langstrasse gibt es neben der oftmals stehenden Autokolonne fürs Velo kaum ein Durchkommen. An der Mühlebach- oder der Dufourstrasse sind auf beiden Seiten Autos parkiert. Velofahrende laufen dort ständig Gefahr, «gedoort» zu werden. Beim sogenannten Dooring stossen Velofahrende mit einer sich plötzlich öffnenden Fahrzeugtür zusammen. Und wenn die Velos doch mal mehr Platz erhalten sollen, entstehen nicht selten sogenannte Mischzonen, die sich Velofahrende und Fussgänger*innen teilen müssen und die ein grosses Konfliktpotenzial bergen.

Letztendlich ist einer der grössten Spassfaktoren am Velofahren das gemeinsame Erlebnis: ob beim Mountainbiken in den Stadtwäldern, auf der offenen Rennbahn Oerlikon oder an der Critical Mass. Im Rahmen dieser weltweiten Bewegung namens Critical Mass fahren jeden letzten Freitag im Monat zahlreiche Menschen auf dem Velo durch Zürich. Die Critical Mass ist keine Demonstration, sondern eine regelmässig stattfindende Ausfahrt vieler Veloenthusiast*innen. Die Velofahrenden bewegen sich als grosse Masse und sind so Teil des Verkehrs. Dass diese Ausfahrt gemäss dem Statthalter einen «gesteigerten Gemeingebrauch» darstelle und darum eine Bewilligung braucht, ist verwunderlich und heisst übersetzt: Die Strassen gehören den Autos, alle anderen sind zweitrangig – und dies, obwohl gerade Gemeinde- und Kantonsstrassen grossmehrheitlich aus den ordentlichen Steuererträgen, also von allen Steuerzahlenden, finanziert werden. Anscheinend möchte die FDP, die die Aufsichtsbeschwerde beim Statthalteramt eingereicht hat, den Velofahrenden den Spass verbieten. Dabei werden doch die GRÜNEN immer als Spassbremsen und Verbotspartei betitelt…

Leider kommt nicht nur der Spass zu kurz, Velofahren ist in der Stadt Zürich nämlich nicht nur gesund, sondern auch gesundheitsgefährdend. Aufgrund der ungenügenden Veloinfrastruktur kommt es immer wieder zu brenzligen Situationen und Unfällen. In den letzten Jahrzehnten wurden die Autos immer grösser, schwerer und damit gefährlicher – zumindest für jene, die nicht im entsprechenden Fahrzeug sitzen. Modelle wie der Fiat 500 oder der VW Golf aus den 90er-Jahren waren weit weniger gesundheitsgefährdend für Velofahrer*innen, Fussgänger*innen und Kinder als die übermotorisierten und übergrossen SUVs, die heutzutage das Strassenbild prägen.

Immerhin, könnte hier eingewendet werden, Velofahren ist auch in der Stadt Zürich effizient. Es gibt zwar noch zu viele Hindernisse, aber fast immer können Strecken mit dem Velo schneller zurückgelegt werden als mit dem Auto oder dem ÖV. Nicht nur die einzelnen Velofahrenden sind effizient unterwegs, auch die Gesellschaft profitiert volkswirtschaftlich vom Velo: Berechnungen aus Kopenhagen zeigen, dass die Gesellschaft 1.35 Euro pro Kilometer einspart, wenn die Menschen mit dem Velo statt mit dem Auto fahren. Investieren wir also auch in Zürich in die Veloinfrastruktur – wir alle profitieren davon!