Gedanken zur Wohnungsnot in Schwamendingen
Catalina Gajardo, Co-Präsidentin der Grünen Kreispartei 11/12 macht sich Gedanken zur Wohnsituation in ihrem geliebten Schwamendingen: «Schwamendingen, das war Liebe auf den ersten Blick. Ich kam 2018 durch puren Zufall vom Zürcher Unterland in den Kreis 12, als ich mich mit schlecht bezahlten Aushilfsjobs mühsam über Wasser hielt, um mein Studium zu finanzieren. Als ich in Hirzenbach aus dem 9er-Tram ausstieg glaubte ich, ich sei in einem Traum gelandet. Dies konnte unmöglich Zürich sein.»
In den Bäumen zwitscherten die Vögel, die alten Bäume kühlten die Sommerhitze angenehm ab und im Bach paddelte ein Entenpaar. Es konnte unmöglich sein, dass im ärmsten Quartier der Stadt Zürich eine so hohe Lebensqualität herrschte. In unserer Welt können es sich nur reiche Menschen leisten, von sicheren Schulwegen, verkehrsberuhigten Zonen, Hitzeminderung durch Bäume und einer wunderbaren Artenvielfalt zu profitieren. Ich konnte mein Glück kaum fassen, an so einem schönen Ort eine bezahlbare Wohnung gefunden zu haben. Schon damals waren die Bauarbeiten für die Einhausung im vollen Gang. Die Angst vor der Gentrifizierung ging um. Wann immer ich mich mit meinen Nachbar*innen unterhielt, war die Rede von den steigenden Mieten.
Seit ich in Schwamendingen angekommen bin hat sich viel verändert. Hinter meinem Haus wird wieder ein altes Gebäude abgerissen. Die Mieter*innen erhielten alle die Kündigung. Eine Nachbarin erzählte mir, sie müsse nach Dübendorf ziehen, weil sie keine bezahlbare Wohnung gefunden habe. Alte Leute müssen früher als nötig in die Alters- und Pflegeheime, weil sie keine Chance auf eine günstige Wohnung haben. Meine Nachbar*innen, das sind Detailhändler*innen, Bauarbeiter*innen, Coiffeur*innen, Servicepersonal, Zusteller*innen… Die meisten haben eine abgeschlossene Berufslehren, arbeiten Vollzeit und können von ihrem Lohn trotzdem nicht leben. Das pensionierte Ehepaar von nebenan putzt abends Bürogebäude, um die kümmerliche AHV aufzubessern. Wie sollen sie im aktuellen Wohnungsmarkt bestehen? Wo gehen sie hin, wenn die Mieten steigen? Für das Proletariat der Dienstleistungsgesellschaft geht es um die nackte Existenz.
Erst jetzt reden wir über die Mietexplosion. Solange das eigene Portemonnaie nicht betroffen war, hat sich niemand für die schleichende Verdrängung der Schwamendinger Bevölkerung interessiert.
Die Lebensqualität in Schwamendingen ist unmittelbar durch Profitgier der Immobilienkonzerne und einer untätigen Stadt bedroht, die sich hinter dem hohen Anteil an Genossenschaften versteckt. Der Verdacht liegt nahe, dass sie lieber in den Stadtkreisen ihrer Kernwählerschaft bezahlbare Wohnungen bauen.
Schwamendingen steht stellvertretend für die Probleme der Gegenwart: Ungleichheit, Ausbeutung von Mensch und Natur, getrieben von der rücksichtslosen Profitgier der Immobilienkonzerne auf dem Rücken der arbeitenden Bevölkerung. Das können wir so nicht hinnehmen! Wir können unsere Vision einer lebenswerten Stadt für alle Menschen, in einer intakten Umwelt erst dann verwirklichen, wenn auch für die Ärmsten unter uns die Existenz gesichert ist.