Mittwoch, 11. Januar 2023

Der Gemeinderat hat heute den Bericht zu zwei Jahren Bundesasylzentrum Zürich aufgrund des Antrags der Grünen ablehnend zur Kenntnis genommen. Dies unter Anderem, weil der Bericht in keiner Art und Weise auf die bedenklichen Realitäten im BAZ Zürich eingeht.

Bericht herunterladen

Bericht nach zwei Jahren Betrieb des Bundesasylzentrums Zürich

Der Gemeinderat hat heute den Bericht nach zwei Jahren Bundesasylzentrum (BAZ) Zürich aufgrund des Antrags der Grünen ablehnend zur Kenntnis genommen. Dies unter Anderem, weil der Bericht in keiner Art und Weise auf die bedenklichen Realitäten im BAZ Zürich eingeht.

In der Abstimmungszeitung vom September 2017 wurde anschaulich und in positiven Worten beschrieben, wie das BAZ Zürich ausgestattet und wie der Betrieb an und für sich sein soll. Der Stadtrat hatte sogar davon gesprochen, dass wir mit diesem BAZ der ganzen Schweiz zeigen wollen und können, dass eine andere und gute Asylpolitik möglich sei. Das BAZ Zürich sollte zu einem Vorzeigezentrum werden.

Die GRÜNEN haben sich bereits damals kritisch zum geplanten BAZ geäussert, weil wir Zweifel hatten, dass diese Einrichtung unter den vom Bund vorgegebenen Rahmenbedingungen gut geführt werden kann. Dies unter anderem, weil wir vorausgesehen haben, dass die hohe Belegungszahl auf so knappem Raum keine Privatsphäre zulässt, der Betreuungsschlüssel zu tief ist und die Infrastruktur – auch in Bezug Privatsphäre – den Anforderungen nicht genügt.

Schon vor der Abstimmung zum BAZ mit beschleunigtem Asylverfahren haben wir GRÜNEN umfangreiche Forderungen aufgestellt. Nach intensiven Diskussionen sind wir zum Entscheid gekommen, trotz unserer Bedenken dieser Vorlage zu zustimmen. Dies unter Anderem mit der klaren Forderung, dass die Menschenwürde und die Integration der Asylsuchenden in den Vordergrund gestellt wird.

Kurz nach der Inbetriebnahme des BAZ, sind von Mitarbeitenden erste negative Informationen über fragwürdige Bedingungen in die Öffentlichkeit gelangt. Mitarbeitende haben von einer Führungskultur berichtet, in der Benennungen von Missständen oder Anregungen nicht zuglassen wurden. Zudem waren die Antworten auf Kritik und Anregungen aus der Politik stets: Der Bund bestimmt und macht die Vorgaben, er stellt das Sicherheitspersonal, etc., etc.. Man könne nichts oder nur wenig tun.

An dieser Stelle muss deutlich festgehalten werden, dass das sogenannt beschleunigte Asylverfahren in Tat und Wahrheit Sparübungen auf Kosten der Geflüchteten sind. Die Infrastruktur reicht bei weitem nicht aus (siehe oben), das Personal kann nicht die Aufgaben wahrnehmen, die es zur Betreuung und Begleitung der Asylsuchenden benötigen würde. Im Weiteren haben sich Verhaltensmängel seitens der Sicherheitsfirma gezeigt, welche dem Bund unterstellt ist.  

Die Bedingungen für den Betreuungsauftrag vom SEM, nach dem schweizweit geltenden Betriebskonzept Unterbringung, welches unter anderem die Aufgaben Betreuung im Allgemeinen, sowie die Betreuung der unbegleiteten Minderjährigen (MNA), die Verpflegung, die Gesundheitsversorgung und die Schaffung einer Tagesstruktur umfasst, zeigen sich nach Ansicht der GRÜNEN als nicht ausreichend und müssen dringen verbessert werden. Vor allem der Betreuungsschlüssel für die Betreuung der MNA ist ungenügend. Gerade die MNA benötigen gute Betreuung, Unterstützung und Begleitung, damit sie gut integriert werden können.

Seit der Eröffnung des BAZ Zürich sind diverse Berichte aus verschiedenen Gesichtspunkten erstellt worden. Der Stadtrat weist in der Weisung «Bericht nach zwei Jahren Betrieb des Bundesasylzentrums Zürich» darauf hin, dass diese Berichte im vorliegenden Bericht berücksichtigt worden seien. Weiter weist der Stadtrat darauf hin, dass aufgrund der erwähnten Berichte bereits einiges – auch in Zusammenarbeit mit dem SEM – verbessert worden sei. Er hält fest, dass in weiteren Punkten auf das SEM Einfluss genommen werden müsse. Nach Ansicht der GRÜNEN hätte aber schon viel mehr, das heisst über den eigentlichen Auftrag hinaus, getan werden sollen und können.

Die grüne Fraktion ist mit dem Bricht und der Stellungnahme des Stadtrates nicht zufrieden, weil der menschwürdigen Unterbringung und Betreuung, sowie der Integration der Asylsuchenden zu wenig Beachtung geschenkt wird und der vorliegende Bricht zu zwei Jahren BAZ nach unserem Verständnis viel zu wenig auf die tatsächlichen Begebenheiten eingeht. Dieser Bericht zeigt eine Situation auf, in der das BAZ Zürich nicht annähernd mit der vorgesehenen Belegung von 360 Asylsuchenden ausgelastet war. Die maximale Belegung Ende September 2021, betrug 283 Asylsuchende. Zudem wurden aufgrund der Corona-Situation im 2020 vom SEM die Belegungszahlen auf 220 gesenkt. Trotzdem mussten, gemäss Mitteilungen von Mitarbeitenden, erhebliche Mängel im BAZ festgestellt werden.

Dass es eine grosse Herausforderung ist, unter den durch das SEM vorgegebenen Rahmenbedingungen dieses BAZ zu führen hat sich nun gezeigt. Trotzdem erwarten wir vom Stadtrat, dass – wenn nötig auf Kosten der öffentlichen Hand – die Rahmenbedingungen, wie die deutliche Erhöhung des Betreuungsschlüssels, umgesetzt werden. Denn: Es geht um Menschen, die bei uns Sicherheit und Frieden suchen und um Menschen, die in einem weiteren Schritt möglichst gut und rasch integriert werden sollen. Die GRÜNEN und die AL haben im 2021 ein dringliches Postulat[iv] eingereicht, das die Kündigung des Vertrages mit dem Bund verlangt, wenn dieser weiterhin nicht zu einer deutlichen Verbesserung bereit ist.

Im Res Publica Consulting – Bericht zum Thema Auftragswahrnehmung der AOZ im BAZ Zürich vom 12. Mai 2022, den die AOZ selbst in Auftrag gegeben hat, sind 12 unterschiedliche Empfehlungen durch die Untersuchenden abgegeben worden. In der Medienmitteilung vom 10. Juni 2022 zog der Stadtrat eine positive Bilanz. «Der Untersuchungsbericht zum Bundesasylzentrum Zürich mit positivem Fazit: Vorwürfe entkräftet, Verbesserungspotenzial erkannt.» Weiter: «Er (Anmerkung: der Bericht) erkennt keine systemischen Mängel, attestiert der AOZ eine insgesamt fachgerechte Auftragswahrnehmung und ortet punktuell Verbesserungspotenzial.» Dies ist eine unglaubliche und verwirrliche Aussage, die uns GRÜNEN sauer aufgestossen ist.

Abschliessend: Die in der Abstimmungszeitung versprochenen Rahmenbedingungen und die Realität klaffen weit auseinander, dies kann auch der vorliegende Bericht zu den zwei Jahren BAZ Zürich nicht  entkräften. Die grüne Fraktion hat darum die ablehnende Kenntnisnahme des Berichtes im Gemeinderat beantragt. Die Mehrheit des Gemeinderates ist dem gefolgt.

Wir GRÜNEN bleiben dran, um die Bedingungen für die Asylsuchenden zu verbessern.