Am Mittwoch, 30. November haben wir uns an einem von der Kreispartei 11/12 organisierten Wahlkampfanlass im Durchgangszentrum der Asylorganisation Zürich (AOZ) an der Regensbergstrasse mit Omar über seine Lebensrealität unterhalten. Ziel der Veranstaltung war, Zürich-Nord aus einer Perspektive wahrzunehmen, die sonst nicht oft eingenommen wird. Eben die Perspektive zu wechseln.

Omar ist vor wenigen Jahren aus Afghanistan geflüchtet und er hat uns einiges erzählt über seine Ankunft in der Schweiz, die ihn durch das Zentrum der AOZ in die Stadt Zürich führte. Omar betonte stark die Hilfsbereitschaft der Menschen, insbesondere in der AOZ, und die offene Art, wie er von ihnen willkommen geheissen wurde. Nun macht er eine Lehre und er will später studieren. Es hat mich sehr gefreut, dass er trotz seiner schweren Geschichte auf einem guten Weg scheint, um zumindest einige seiner Wünsche verwirklichen zu können.

Natürlich sind die Geschichten von geflüchteten Menschen nicht homogen, die Fluchtursachen vielseitig. Omar hat betont, dass er viel Glück gehabt habe. Er hat mir aber auch gesagt, dass er sich wünsche, dass allen geflüchteten Menschen der gleiche Respekt entgegengebracht wird. Der Rassismus, der in der unterschiedlichen Behandlung von verschiedenen geflüchteten Menschen zum Ausdruck kommt, ist sehr offensichtlich. Es sollten alle mit der gleichen Empathie behandelt werden wie die Ukrainer*innen am Anfang des Angriffskrieges.

Omar hat recht – generell gilt es, in unserem Asylsystem so einiges zu humanisieren. Der Fakt, dass Omar nicht frei entscheiden konnte, in welcher Gemeinde er sich niederlassen wollte (das Menschenrecht auf Bewegungs- und Niederlassungsfreiheit ist für Asylsuchenden in der Schweiz eingeschränkt), ist nur eins von vielen Beispielen, wie geflüchteten Menschen der Prozess des Ankommens und Integrierens erschwert und unschmackhaft gemacht wird. Geflüchtete Menschen werden nämlich auf die Gemeinden verteilt und haben dabei grundsätzlich kein Mitspracherecht.

Das Gespräch mit Omar hat für mich wieder einmal deutlich veranschaulicht, dass wir die Menschen, die hier in der Schweiz ihr Menschenrecht auf Asyl in Anspruch nehmen weder ausgrenzen noch unmenschlich behandeln dürfen (was leider immer noch viel zu oft gemacht wird). Es ist an uns Zürcher*innen, diese Menschen aktiv willkommen zu heissen, ihnen die Integration (nicht zwingend Assimilation!) einfacher zu machen. Damit sie ein glückliches Leben führen und ihre Potentiale und Wünsche verwirklichen können. Nicht zuletzt profitieren auch wir davon, wenn wir alle unsere Mitmenschen empowern.

Wir alle sollten öfters unsere Perspektiven wechseln – und uns den eigenen Perspektiven, Positionen und Privilegien bewusster werden. Dann wäre schnell klar, dass für Menschen, die nicht einer weissen, christlichen, männlichen, heterosexuellen, cis, endogeschlechtlichen, nicht-behinderten Norm entsprechen, das Leben häufig etwas anders aussieht. Und dann können wir aktiv für die Gleichstellung von allen Menschen kämpfen.

Michelle Huber

Mitarbeiterin Social Media und Kommunikatin GRÜNE Stadt Zürich, Kantonsratskandidatin GRÜNE Kreis 11/12