Grüne Vision für das zukünftige Hochschulquartier

Wie es dereinst aussehen sollte:

Das neu gestaltete Zürcher Hochschulquartier wird ein moderner urbaner Stadtraum, der sich architektonisch und funktional gut ins bestehende Stadtgefüge einbindet. Dank der Nutzungsdurchmischung mit Wohn- und Gewerbeanteilen und der guten Durchlässigkeit zu den angrenzenden Stadtquartieren wird er auch in den Abendstunden und Wochenenden ein belebter Ort sein. Multifunktionale Gebäude fördern eine Nutzung auch an Wochenenden und in den Semesterferien, z.B. für Kongresse und öffentliche Veranstaltungen. Für die Menschen und die Natur hat es genügend und qualitativ hochwertige frei zugängliche Grün- und Freiräume. Neubauten und Sanierungen entsprechen vollumfänglich den Grundsätzen der 2’000-Watt-Gesellschaft, der neuste Forschungsstand des Energy Science Center an der ETH hat direkt Eingang gefunden in innovative und nachhaltige Bauprojekte.

Die Hochschulen verstärken ihr Online Teaching gegenüber dem Präsenzunterricht und treten damit dem stetigen Anwachsen von Mobilität und Raumbedarf entgegen. Rund ums Hochschulzentrum haben die Hochschulen ihre Mietobjekte verlassen, wodurch zahlreiche Liegenschaften wieder als Wohnraum zur Verfügung stehen.

Das sanierte und umgebaute Universitätsspital entspricht dem Standard eines modernen Spitals. Der Ausbau ist ergänzend zum bestehenden Angebot der Zürcher Spitäler geschehen. Mit einer gemeinsamen Strategie für die gesamte Zürcher Spitallandschaft und mit gezielten Kooperationen werden ein konkurrenzorientierter Spitalwettbewerb und eine kostentreibende Überversorgung vermieden.

Nur mit einer radikalen Mobilitätsplanung ist es gelungen, die Verkehrssituation in den Griff zu bekommen. Die Strategie ist konsequent auf Mobilitätsverminderung und auf umweltverträgliche und raumeffiziente Verkehrsmittel ausgelegt. Ein direktes schienengebundenes Verkehrsmittel vom Central zum Hochschulgebiet ergänzt das Tramnetz und eine grosszügige Freitreppe erschliesst das Quartier für FussgängerInnen vom Stadtzentrum her. Das Hochschulzentrum ist mit durchgehenden Velowegen aus allen Richtungen– insbesondere über die Rämistrasse – für den Veloverkehr optimal erschlossen.

Grüne Erwägungen zum vorliegenden Masterplan Hochschulquartier

Die Grünen der Stadt Zürich anerkennen grundsätzlich den Erweiterungsbedarf der drei betroffenen Institutionen Universität Zürich, ETH Zürich und Universitätsspital an diesem Standort. Allerdings findet an dieser Lage ein massiver Eingriff ins Stadtgefüge statt, der sehr sorgfältig geplant werden muss, damit die Realisierung gelingen und funktionieren kann. Deshalb müssen die Anregungen der Grünen aufgenommen und konkretisiert werden, damit wir dem Masterplan und seinen Teilprojekten zustimmen können.

Lebendige Stadt statt Monokultur

Mit dem Masterplan Hochschulquartier findet eine massive Verdichtung im Zentrum statt. Im Gegenzug dazu sollen universitäre Standorte am Stadtrand aufgegeben werden. Die Konzentration an einem einzigen Standort führt dazu, dass weitgehend identische Nutzungen mit ähnlichen Betriebszeiten viel Raum im Stadtgefüge einnehmen werden. Es ist allerdings einer der grossen Vorzüge von Zürich, dass eine vielfältige Nutzungsdurchmischung zu einer lebendigen Stadt beiträgt.

Von daher erscheint es uns notwendig, eine sorgfältige Interessenabwägung zwischen den Vorteilen einer Zentralisierung für die Studierenden und für den Hochschulbetrieb einerseits und dem Erhalt von genügend Raum im Zentrum für ein vielfältig durchmischtes Quartier, zum Schutz wertvoller Bauten und für grosszügige Grün- und Freiräume auf der anderen Seite vorzunehmen. Für Hochschulinstitute, die weniger auf die räumliche Nähe zum Zentrum angewiesen sind, könnten auch gewisse periphere Standorte weiterhin genutzt werden.

Im Sinne einer vielfältigen Stadt ist die Wohnraumrückführung – wie versprochen – rechtlich sicher zu stellen, und in Vereinbarungen mit privaten Grundeigentümern sind diese zu motivieren, die Wohnraumrückführung auch tatsächlich zu ermöglichen.

Schliesslich ist mit einer geeigneten Nutzungsplanung sicherzustellen, dass die behauptete Entwicklung zu einem Stadtquartier (und nicht nur zu einem Hochschulquartier) auch wirklich stattfinden wird. Erdgeschossnutzungen, eine generelle Nutzungsdurchmischung, Wohn- und Gewerbeanteile sowie eine entsprechende Gestaltung der Mietzinse sind Elemente, welche zwingend in den Planungen berücksichtigt werden müssen. Ein «Elfenbeinturm-Quartier» mitten in Zürich ist das letzte, was diese Stadt braucht.

Bekenntnis zur Bedeutung der Stadtspitäler statt Konzentration auf das Unispital

Der Ausbau der Nutzungen des Unispitals wird von uns nicht grundsätzlich in Frage gestellt. Dabei darf aber nicht vergessen werden, dass viele andere Spitäler in Stadt und Kanton Zürich hervorragende medizinische Leistungen für die Bevölkerung im Kanton Zürich erbringen. Es ist zu befürchten, dass eine vielfältige medizinische Versorgung im Kanton Zürich durch die Fokussierung auf das Universitätsspital gefährdet wird.

Die Stadt Zürich hat in der Zürcher Spitallandschaft mit den beiden Stadtspitälern Triem-li und Waid eine besondere Stellung. Sowohl in der Grundversorgung wie in der spezialisierten Medizin erbringen Triemli und Waidspital wichtige und unverzichtbare Leistungen. Deshalb braucht es von Seiten des Kantons ein klares Bekenntnis, dass die städtischen Spitäler die Bedeutung behalten, die sie sich durch ihre Arbeit verdient haben.

Von daher ist baldmöglichst eine von Stadt und Kanton Zürich verbindliche Spitalstrategie auf dem Platz Zürich zu vereinbaren, die den Stadtspitälern ihre wichtige Funktion garantiert.

Verkehrsprobleme lösen statt Verkehrsüberlastung produzieren

Die Verkehrsprobleme in der Stadt Zürich sind heute schon gross. Deshalb müssen die bestehenden Probleme gelöst werden, bevor weitere räumliche Konzentrationen geplant werden.

Sollte dennoch weiter geplant werden, so ist im Sinne einer ökologischen und stadtverträglichen Entwicklung sowie einer Priorisierung der umweltverträglichen und raumeffizienten Verkehrsmittel das gesamte Hochschulquartier als weitgehend autofreie Anlage zu planen.

Grundsätzlich weist das Hochschulquartier verkehrstechnisch eine Randlage auf. Ein Ge-biet von dieser Grösse müsste zwingend mit einem S-Bahnhof erschlossen sein, noch besser wäre ein S-Bahnhof, der einen eigentlichen öV-Knoten darstellt. Von daher sind einer Nutzungskonzentration an diesem Standort von Anfang an enge Grenzen gesetzt. Beispiele, wie konzentrierte Nutzungen mit einer hervorragenden Erschliessung kombiniert wurden, sind in der Stadt Zürich das Areal Europaallee mit dem Hauptbahnhof Zürich oder das Gebiet Zürich West mit dem Bahnhof Hardbrücke, in Winterthur das Sulzer-Areal Stadtmitte. Solche Voraussetzungen sind beim Hochschulquartier von Anfang an nicht gegeben.

Aus diesem Grund wurde 2005 im Masterplan «Zukunft des Hochschulstandortes Zürich» lediglich eine zusätzliche Geschossfläche von 150’000 m2 stipuliert, denn «die zusätzliche Geschossfläche von 150’000 Quadratmetern im Hochschulgebiet wird zur Hauptsache begrenzt durch die Leistungsfähigkeit der bestehenden Verkehrsträger.» Schon nur bei diesem bescheidenen Ausbau sei eine bessere Vernetzung mit einem Ausbau des Fussgängernetzes und mit Angebotsverbesserungen auf dem heutigen Tramnetz nötig. «Bei über 150’000 Quadratmeter Geschossfläche wird der Ausbau des öffentlichen Verkehrs erforderlich (z.B. People Mover Central-Hochschulgebiet-Zentrum oder eine U-Bahn, welche die Route Bellevue-Heimplatz, aber auch die Universität Irchel und die ETH Hönggerberg einbindet).»

Die Tramverbindungen ins Hochschulquartier sind vom Hauptbahnhof und vom Bahnhof Stadelhofen in Spitzenzeiten heute schon chronisch überlastet, in Schwachlastzeiten aber unternutzt. Diese Problematik stellt sich beim Hochschulquartier in besonderer Deutlichkeit.

Wenn auch schon nur eine massvolle Verdichtung realisiert werden soll, wären folgende Massnahmen zu prüfen:

  • Ein neues direktes, schienengebundenes Verkehrsmittel in Ergänzung zum Tramnetz: Dieses Verkehrsmittel (People Mover, Coaster, Schräglift, Verlängerung der Poly-Bahn) wäre nur in den Spitzenzeiten in Betrieb und dadurch liessen sich die Betriebskosten senken.
  • Nötig wäre eine verbesserte fussläufige Erschliessung des Hochschulquartiers. Warum keine direkte, grosszügige Freitreppe vom Central her?
  • Dringend nötig ist es heute schon, der Erschliessung mit dem Veloverkehr neue Impulse zu verleihen. An Peinlichkeit nicht zu überbieten ist die bisherige Planung eines Veloweges vom Bellevue her: Zwischen Bellevue und Pfauen ein Veloweg auf dem Trottoir, auf dem Pfauen in der Neuplanung keinerlei Velomassnahmen geplant, vom Pfauen bis zur Zürichbergstrasse sind bei der Sanierung der Rämistrasse die Velomassnahmen schlicht und einfach vergessen worden. Und das alles auf einem Strassenzug, auf dem eine regionale Radroute geplant ist.

Sorgfältig mit dem baukulturellen Erbe umgehen statt Generalvollmacht zum Abriss

Nicht in Frage kommt für uns eine Generalvollmacht zum Abriss der bauhistorisch wertvollen Gebäude. Hier ist vorab zu klären, ob mit dem Verbleib an bestehenden Standorten (gerade der Standort Oerlikon ist verkehrsmässig bestens erschlossen) oder mit der Auslagerung von Instituten an andere Standorte, die verkehrsmässig besser gelegen sind, nicht auf den Abriss generell verzichtet werden kann. Denn es ist kaum einzusehen, dass die räumliche Konzentration auf einen Standort allein ein überwiegendes öffentliches Interesse an einem Abriss legitimiert.

Weiter ist zu prüfen, ob bauhistorisch wertvolle Gebäude nicht mit einer adäquaten baulichen Anpassung den späteren Nutzungsansprüchen zu genügen vermögen.

Sinnvoll erscheint es uns generell, bauhistorisch wertvolle Gebäude zu erhalten. Denn genau sie sind es, die zu einer vielfältigen und lebendigen Stadt beitragen. Sollte es nicht möglich sein, sie von den Nutzungen her sinnvoll in ein Hochschulkonzept zu integrieren, wäre zu prüfen, ob sich nicht alternative Nutzungen finden liessen, die zu einem lebendigen und gut durchmischten Stadtquartier beitragen können.

Grün- und Freiräume aktiv gestalten statt auf die lange Bank schieben

Besondere Bedeutung kommt den Grün- und Freiräumen im Hochgebiet zu. Mit dem durch Sachzwängen diktierten Modulbau im Spitalpark hat die Grün- und Freiraumplanung schon einmal schlecht begonnen.

Deshalb ist planerisch und organisatorisch in Zukunft sicher zu stellen, dass der Spitalpark während der gesamten Transformationsphase des Hochschulgebietes von weiteren Hochbauten frei gehalten wird und keine Flächen als Infrastruktur- und oder Logistikflächen missbraucht werden. Der bestehende Parkplatz ist baldmöglichst, spätestens aber mit der Realisierung des Projektes Gloriastrasse aufzuheben, zu renaturieren und kompensatorisch zum Modulbau der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen.

Hochschulen und Universitätsspital zu Leuchttürmen einer innovativen Energiezukunft machen statt zögerliche Fördermassnahmen vorsehen

Die Überbauung des Hochschulviertels ist ein langfristiges Projekt. Was dort gebaut wird, muss nicht nur 50 bis 100 Jahre bestehen, sondern wird auch langfristig geplant. Es besteht daher bei den Grünen nicht der geringste Zweifel, dass die Bauten in diesem Gebiet im wahrsten Sinne zukunftsfähig sein müssen. Dem Anspruch der Hochschulen, innovativ zu sein, soll auch die Energieversorgung entsprechen. Im Masterplan wird aber lediglich stipuliert: «Die Entwicklung des Hochschulgebiets Zentrum soll langfristig mit den Zielen der Energiepolitik des Kantons Zürich und dem 2000-Watt-Konzept der Stadt Zürich kompatibel sein.» Gerade für eine technische Hochschule ist es von entscheidender Bedeutung, dass hier eine Aufbruchstimmung zu spüren ist. In der Planung ist deshalb sicher zu stellen, dass gerade die Hochschulen zu Leuchtturmprojekten einer innovativen Energie- und Bauzukunft werden.

Demokratische Mitsprache sichern statt Planung von oben diktieren

Bei der Planung des Hochschulquartiers besteht eine Planungsasymmetrie. Während der Kantonsrat immerhin über die Richtplanänderungen befinden kann, ist das Mitbestimmungsrecht der Standortgemeinde bei Unispital und Universität lediglich über Baulinienrevisionen gegeben. Eine weitere Asymmetrie besteht darin, die ETH ihren Projekten private Gestaltungspläne zugrunde legen muss, die allen demokratischen Mitwirkungsrechten unterliegen. Die Projekte von Unispital und Universität hingegen sollen mit kantonalen Gestaltungsplänen ermöglicht werden. Damit sind alle demokratischen Mitwirkungsrechte ausgeschaltet. Diese Asymmetrien sind stossend und müssen korrigiert werden.

Deshalb sollen auch die Projekte von Unispital und Universität mit privaten Gestaltungsplänen geplant werden. Dieses Vorgehen sichert die finanzpolitischen Kompetenzen des Kantons Zürich und erlaubt eine demokratische Diskussion der Standortgemeinde, was die Akzeptanz der Planung erhöht.

Und noch ein Letztes

Der Masterplan Hochschulquartier bedeutet einen massiven Eingriff ins Stadtgefüge. Deshalb wäre es wünschenswert, wenn der Kanton Zürich Hand böte, wenn im Gegenzug zur Baulinienrevision an der Sternwartstrasse das Areal des Kinderspitals von der Stadt Zürich übernommen und beplant werden könnte – ein altes Grünes Anliegen.