Felix Moser, Do 30.01.20

Der Kantonsrat will die Stadt Zürich wieder einmal bevormunden. Nicht nur beim Rosengarten (auch dort geht das ganz und gar nicht), sondern bei einem ganz anderen Thema. Bei Medienmitteilungen der Polizei soll jeweils die Staatszugehörigkeit von Verdächtigen und Opfern angegeben werden. Die Stadt Zürich hat das vor einiger Zeit abgeschafft, was der SVP ein Dorn im Auge war. Die Initiative zielt offensichtlich nur darauf ab, die städtische Regelung zu kassieren.

Nochmals: Es geht um die Staatszugehörigkeit oder den Migrationshintergrund von verdächtigen Personen. Nicht von Tätern (oder Täterinnen). Für die Berichterstattung sei das wichtig, finden auch einige Journalistinnen und Journalisten, obwohl sie nur selten danach gefragt haben. Das ist Quatsch. Die Nationalität dient lediglich dazu, gewisse Klischees zu bedienen, und wenn möglich Schlagzeilen zu generieren, die sich gut verkaufen. Der «Balkan-Raser» in rot-schwarzen Lettern ist ein typisches Schlagwort. Muss das sein?

Aber auch die Information an sich ist irrelevant. Denn wer einer Tat verdächtigt wird, ist noch lange kein Täter. Andere Fragen wären wichtiger. Nur stellt sich diese keine Zeitung, und auch die Kantonsrätinnen und Kantonsräte schweigen lieber darüber. Warum sind eigentlich die meisten der betroffenen Personen Männer (und keine Frauen)? Warum stammen viele dieser Menschen aus bildungsfernen Schichten? Wie viele sind von Kriegen traumatisiert? Was müssten wir unternehmen, damit diese Personengruppen in unserer Gesellschaft weniger straffällig werden? Sind solche Themen nicht wichtiger als die Frage, welchen Pass eine Person besitzt? Dann, liebe Journalistinnen und Journalisten, schreibt doch lieber darüber. Anstatt darüber, ob und wie lange jemand einen roten Pass besitzt. Dann, liebe Kantonsrätinnen und Kantonsräte fast aller Parteien, setzt doch keine Regelung fest, die letztlich nur gefährliche Klischees der rechten Seite bedient, aber kein Problem löst.

Die ursprüngliche Idee der SVP, auch Personen mit Migrationshintergrund an den Pranger zu stellen, ist rechtlich natürlich absolut unhaltbar und erst recht nicht umsetzbar (denn letztlich haben sehr viele Menschen irgendeinen Migrationshintergrund). Das hat immerhin sogar der Regierungsrat gemerkt. Aber auch der aktuelle Gegenvorschlag, mit dem die Initiative still und leise beerdigt werden soll, ist falsch. Er dient lediglich dazu, eine Abstimmung zu vermeiden, die unangenehm ist. Man könnte sie ja vielleicht verlieren. Nur: Manchmal ist es wichtig, Haltung zu zeigen, hinzustehen, sagen was falsch ist. Und in diesem Fall gegen diese falsche Regelung zu kämpfen.

 

(erschienen im P.S. am 17.1.2020)