Elena Marti, Mo 18.05.20

Am Dienstagabend hat der Vorstand der Grünen Stadt Zürich beschlossen die Petition «Das Juch wird kein LKW Wendeplatz» auf Campax zu unterstützen. Worum geht es?

Auf dem Juch-Areal, gleich beim Bahnhof Altstetten, ist etwas entstanden. Ein Ort der Inklusion, Solidarität und Kreativität. Ein wertvoller Freiraum wo gemeinschaftlich nutzbare und kostenlose Strukturen wie; Werkstätten, eine Bibliothek, Sitzungsräume, Musizierzimmer und ein Konzertraum zu finden sind. Auf dem Areal der Stadt wo früher die AOZ den Testbetrieb für das Bundesasylzentrum unterhielt, hat sich Kultur- und Wohnraum gebildet. 

Auf dem Gelände gleich nebenan ist ebenfalls etwas am entstehen – die Swiss Life Arena, das neue Eishockeystadion. Wer ein Augenschein vor Ort nimmt weiss, das Stadion nimmt Form an. Die Baustelle wird von der HRS Real Estate AG betrieben – einer der grössten Baufirmen der Schweiz. Umso überraschender scheint die neuste Erkenntnis der HRS, dass die Baufläche für Bauinstallationen zu klein und eine grosse Fläche zusätzlich benötigt wird – das Juch Areal. Entweder die hoch professionalisierte HRS hat einen groben Planungsfehler gemacht oder aber – und das scheint wahrscheinlicher – die Baustellenerweiterung kommt dem Stadtrat gerade recht. Mit der geplanten neuen Nutzung können schliesslich gleich zwei Fliegen auf einmal geschlagen werden: Die Besetzer*innen müssen gehen und der Versicherungsstreit zwischen der AOZ und der HRS, der sich um die Absenkung von einem der Gebäude auf dem Juch-Areal dreht, wird nichtig. Natürlich ist dies eine Vermutung, jedoch zeigen alle Zeichen in diese Richtung.

Das Vorgehen des Stadtrats war dementsprechend fragwürdig. In einem undurchsichtigen Brief an die Besetzer*innen schwieg er über die künftige Nutzung. Dies entgegen des Besetzungs-Merkblatts der Stadt Zürich, wo geschrieben steht, dass für eine Räumung ein konkretes Nutzungskonzept nötig ist. Die intransparente Kommunikation liess auch mich stutzig werden. Warum wollte der Stadtrat keine Aussagen zur zukünftigen Nutzung machen? Wieso diese unglaublich kurzfristige und unsolidarische Räumungsankündigung? In Zeiten von Corona sollten die Bewohner*innen innert vier Tagen eine neue Bleibe finden. Dass die überstürzte Räumung dann in letzter Minute verschoben und die künftige Nutzung bekannt gegeben wurde, hat ausschliesslich mit dem Druck aus der Öffentlichkeit und Politik zu tun.

Der Stadtrat sollte Politik für die Bevölkerung machen und dabei grossen Wert auf Vielfalt legen. Wo soziale Treffpunkte (und gerade Eigeninitiativen) entstehen, sollten diese möglichst geschützt und unterstützt werden. Offenbar bevorzugt der Stadtrat einen geräumigen LKW-Abstellplatz gegenüber Kultur- und Wohnraum. Schade.

Das Juch muss bleiben! Dass die Besetzung einem toten, unnötigen Bauplatz weichen soll ist blanker Hohn. Ich hoffe, dass sich der Stadtrat die Petitionsforderung zu Herzen nimmt und nochmals über die Bücher geht. Was macht eine Lebenswerte Stadt aus? Welchen Wert haben die Menschen die darin leben? Das Stadion wird auch ohne diesen zusätzlichen Bauplatz fertiggestellt. Aber ohne Freiräume, aktive und kreative Menschen die sich um die Gesellschaft sorgen und solidarische Angebote auf die Beine stellen, ist Zürich eine tote Stadt.

 

(erschienen im P.S. am 15.5.2020)