Der Versuch, die Kunstsammlung des Waffenproduzenten, skrupellosen Kriegsgewinnlers und Profiteurs nationalsozialistischer Zwangsarbeit, Emil Georg Bührle, ohne Misstöne in das Kunsthaus zu überführen, ist gründlich gescheitert. Die nationale wie die internationale Presse zeigten unverhohlen ihr Unverständnis darüber, wie die Stadt Zürich eine derart hoch belastete Sammlung ohne eine unabhängige Überprüfung der Provenienz der Kunstwerke in ein öffentliches Kunstmuseum hätte transferieren wollen.

Dass die Direktion des Kunsthauses und die Stiftung Bührle uneinsichtig ihre ganz eigene Weltsicht pflegen, ist das eine. Sie knüpfen damit bei Emil Georg Bührle an, der Kunst nutzte, um über seine problematischen Geschäfte und Verstrickungen hinwegzutäuschen. Kulminationspunkt dieser Uneinsichtigkeit war die Medienkonferenz von Kunsthaus und Stiftung Bührle am 16. Dezember 2021.

Was aber verwundert, ist die seit vielen Jahren passive Haltung der Behörden von Stadt und Kanton Zürich. Seit 2010 stehen die immer gleichen Fragen im Raum: Ist die Provenienzforschung zu den Kunstwerken wirklich unabhängig genug?  Was steht denn eigentlich im Leihvertrag zwischen dem Kunsthaus und der Sammlung Bührle? Wie finden wir einen adäquaten Umgang mit Sammlung und Sammlungsstifter?

2010 versprach der Stadtrat: «Die Entstehungsgeschichte der Sammlung Bührle wird transparent offengelegt» (Antwort auf die Interpellation Seidler 2010/157). 12 Jahre später stellen wir fest, dass eine unabhängige Überprüfung der Provenienz noch immer ausstehend ist. Und schon 2012 mahnte der heutige Stadtrat Wolff an, dass ein geheimer Leihvertrag wohl nicht ausreichend sei, um die Öffentlichkeit genügend über die Rahmenbedingungen dieser Ausstellung zu informieren Es brauchte 10 Jahre und die kritischen Fragen der Medien bis dieser Geheimvertrag endlich präsentiert wurde.

Nun erfahren wir auch, warum es so lange gedauert hat, bis dieser Knebelvertrag öffentlich geworden ist. Der Gemeinderat sollte explizit nicht über die gesamten Inhalte dieses Vertrages informiert werden. Kein Wunder, der Tenor des Vertrages lautete einfach, die öffentliche Hand soll zahlen, sich nicht einmischen und informiert wird sie auch nur so, wie es der Stiftung Sammlung Bührle in den Kram passt.

Für einen Vertrag braucht es aber immer zwei Seiten. Es ist die Stiftung Sammlung Bührle auf der einen, die Zürcher Kunstgesellschaft auf der anderen Seite. Die Zürcher Kunstgesellschaft hat einen Vorstand, der zur Hälfte aus Vertreter:innen der öffentlichen Hand besteht. Bei Vertragsabschluss waren das u.a. die Stadtpräsidentin Corine Mauch oder auch der Stadtpräsident von Winterthur, Ernst Wohlwend. Wir entnehmen dem Jahresbericht des Kunsthauses, dass dieser Vorstand lediglich vom Präsidenten und dem Direktor über den Vertrag informiert wurde und er diesem dann im Zirkularverfahren zugestimmt hat. Wenn das Finanzkapital und die noble Zürcher Kunstgesellschaft rufen, dann sehen die Vertreter:innen der öffentlichen Hand in diesem Gremium offenbar ihre Rolle darin, gehorsam zu sein. Die Sensibilität in Fragen der Erinnerungskultur oder auch der transparenten Information der Öffentlichkeit haben da keinen Platz.

Und damit stellen sich einmal mehr Grundfragen zur Governance. Stimmbevölkerung und Parlament können lediglich Grundsatzentscheide fällen, mehr nicht. Wenn die Zuständigen die Chance eines adäquaten Umgangs mit einer solchen Sammlung aber nicht erkennen und ihre Aufgabe lediglich darin sehen, abzunicken, was Interessenvertreter:innen ihnen vorgeben, dann haben wir nur mehr wenig Möglichkeiten, korrigierend einzugreifen.

Mit den heutigen Vorstössen, aber auch dem Budgetkredit, den das Parlament am 8. Dezember 2021 für eine externe, unabhängige Weiterführung der historischen Forschung sowie die Weiterführung der Provenienzforschung betreffend Bührle Sammlung gesprochen hat, kann der Stadtrat die Versäumnisse und Fehleinschätzungen der letzten 12 Jahre korrigieren.

Es bleibt uns nur zu hoffen, dass die deutlichen Signale, die dieses Parlament, die Öffentlichkeit und die Medien gesendet haben, gehört werden – endlich. Die Sammlung Bührle in einem öffentlichen Kunstmuseum ist nicht irgendein Dutzendgeschäft. Die Sammlung Bührle ist der Prüfstein, wie die Stadt Zürich eine adäquate Erinnerungskultur leben will.