Die Unterbringung und Betreuung von unbegleiteten Minderjährigen Asylsuchenden (sogenannten MNA) im Kanton Zürich ist prekär. Im März 2022 wandte sich eine Gruppe aktueller und ehemaliger Mitarbeiter*innen des MNA-Zentrum Lilienberg an meinen Gemeinderatskollegen Walter Angst (AL) und mich sowie die Kantonsrätinnen Jasmin Pokerschnig (GRÜNE) und Anne-Claude Hensch (AL). Sie berichteten uns über krasse Missstände – und dass sie bei den zuständigen Stellen in AOZ, Stadt und Kanton mit ihren Anliegen und ihrer Kritik aufliefen. Es stellte sich dabei heraus, dass zahlreiche weitere involvierte Kooperationspartner*innen (Sozialarbeiter*innen und -pädagog*innen, Lehrpersonen, Psycholog*innen, usw.) die Kritikpunkte teilten und bestätigten.

Im Juni 2022 entschied sich die Gruppe an die Öffentlichkeit zu gehen. Die Medienberichterstattung war entsprechend deutlich (der Tages-Anzeiger, Das Lamm und das SRF Regionaljournal berichteten). Als Folge dieser Berichterstattung gab der Kanton Zürich eine externe Untersuchung bei der Schiess AG in Auftrag, welche die Situation im Lilienberg untersuchte. Der Untersuchungsbericht, welcher im Herbst vorgelegt wurde, bestätigte die benannten Missstände vollumfänglich.

Kindergerechte Betreuung für MNA

Zwischen Juni und Dezember 2022 entstand aus unserer Gruppe von direktinvolvierten Personen ein Netzwerk, welches sich zum Ziel setzte, im Kanton Zürich tatsächliche Verbesserungen für MNA zu erreichen. Dieses Netzwerk hat in den letzten Monaten ein White Paper erarbeitet, welches einerseits erprobte Modelle für die Betreuung geflüchteter Jugendlicher und deren Begleitung in die Selbständigkeit aufzeigt sowie Forderungen enthält, wie eine kindgerechte Betreuung von MNA, welche eine echte Integration ermöglicht, im Kanton Zürich aussehen sollte. Zudem haben wir eine Checkliste von Bedingungen erstellt, welche im Rahmen einer submissionsrechtlichen Ausschreibung erfüllt sein müssen, um künftige Kindswohlgefährdungen auszuschliessen. Unsere Forderung ist eigentlich banal: die von der Schweiz unterzeichnete Kinderrechtskonvention muss auch vom Kanton Zürich eingehalten werden.

Der Appell

Zudem hat unser Netzwerk deshalb Ende März einen Appell an den Regierungsrat gerichtet. Unsere Forderungen:

  1. Schluss mit anonymen Grossunterkünften: Im Kanton Zürich sollen mehrere regionale Tageszentren für ca. 40 Jugendliche entstehen. Die Dezentralisierung ermöglicht die Unterbringung in kleinen Wohngruppen von maximal zehn Jugendlichen.
  2. Enge Zusammenarbeit mit interessierten Städten, Gemeinden, Zweckverbänden und Fachorganisationen.
  3. Regionale Vernetzung mit Berufsbildner:innen und zivilgesellschaftlichen Akteur:innen, die sich u.a. in den Tageszentren einbringen können.
  4. Konstante, verbindliche und verlässliche Beziehungen mit Bezugspersonen ermöglichen: Jugendliche brauchen stabile Beziehungen, um sich auf ihre Entwicklungs- und Lernaufgaben konzentrieren zu können.
  5. Begleitung und Unterstützung bis zur sozialen und wirtschaftlichen Selbständigkeit – über das 18. Lebensjahr hinaus.
  6. Eine unabhängige Fachaufsicht, die auf Qualität und Kindeswohl ausgerichtet ist sowie eine unabhängige Begleitgruppe, welche die Unterbringungssituation laufend evaluiert.

Denn eines ist klar: der Handlungsdruck ist riesig. Ein Turnaround leider (noch) nicht in Sicht. Der laufende MNA-Vertrag läuft in wenigen Monaten aus. Aus unserer Sicht braucht es deshalb sofort einen runden Tisch sämtlicher involvierten Player. Es darf nicht sein, dass sich der Kanton unter dem Vorwand, dass er sich in Ausarbeitung einer neuen Submission befinde, weigert in einen Dialog zu treten. Ein Neuanfang ist nur dann möglich, wenn alle Akteur:innen kooperieren.

Unterzeichne den Aufruf jetzt!

Luca Maggi

Gemeinderat GRÜNE Stadt Zürich