Wieso ist euch das Thema der Kreislaufwirtschaft persönlich wichtig?

Selina Walgis: Es ist wichtig, keine Ressourcen zu verschwenden, denn wir haben nur eine Erde und die Ressourcen sind begrenzt. Auch geht es darum, dass wir die Klimaziele erreichen und die Emissionen senken – und das möglichst rasch. Darum ist es wichtig, zu überlegen, wo es noch Potential gibt. Diesen gibt es beim Konsum, bei der Wiederverwendung und beim Recycling.

Was können wir alle im Alltag machen für “reduce, reuse, recycle”?

Anna-Béatrice Schmaltz: Zum Beispiel Schuhe, Möbel oder elektronische Geräte secondhand kaufen. Auch bei Kleidern gibt es viele Secondhand Angebote. Leider ist es je nach Kleidergrösse aber schwieriger. Statt PET-Flaschen kaufen, immer eine wiederverwendbare Trinkflasche dabei haben. Kaputte Gegenstände reparieren, statt wegwerfen. Food Waste vermeiden und konsequent recyceln. Es reicht aber nicht, wenn nur im eigenen Alltag gehandelt wird. Es braucht unbedingt auch politische Massnahmen. Und darum sind die Annahme des Gegenvorschlags zur Kreislauf-Initiative und Massnahmen, die darauf aufbauend getroffen werden, so wichtig. 

Es sind gleich mehrere Vorstösse zu einem ähnlichen Thema. Was ist das zugrundeliegende Ziel der Vorstösse?

Selina Walgis: Die deutliche Annahme des Gegenvorschlags zur Kreislauf-Initaitive zeigt, dass die Bevölkerung erkennt, wie wichtig das Thema ist und es überfällig ist, Massnahmen zur Optimierung zu treffen. Mit unseren Ressourcen muss schonend umgegangen werden. Auch in der Stadt Zürich. Die Stadt Zürich soll mit gutem Beispiel vorangehen. Wir haben uns genau angeschaut, wo wir in der Stadt Zürich in Bezug auf Kreislaufwirtschaft stehen und wo es Anpassungen und Impulse braucht. So ist unser Vorstosspaket entstanden.

In einem der Vorstösse geht es um Werstoffsammel-Stellen. Gibt es davon nicht genug, um den Gegenvorschlag zur Kreislauf-Initiative umzusetzen?

Anna-Béatrice Schmaltz: Es geht um einen Ausbau des Angebotes der Werstoff-Sammelstellen. Dabei steht eine Prüfung im Zentrum, welche weiteren Wertstoffe, Materialien und Produkte (z.B. Getränkekartons) entgegengenommen werden können und ob es auch die Möglichkeit gibt Mehrwegsysteme zu integrieren.

In einem weiteren Vorstoss geht es um die Prüfung von Möglichkeiten zur Förderung der richtigen Entsorgung von Bioabfall ab 2023. Sind die Zürcher*innen noch nicht genug informiert und zu wenig sensibilisiert auf das Thema?

Selina Walgis: Die Einführung der flächendeckenden Entsorgung von Bioabfall ist ein sehr wichtiger Schritt. Es ist uns wichtig, dass die Einführung von Anfang an erfolgreich ist und bei der Bevölkerung Anklang findet. Damit die Container nicht zu geruchsintensiv sind, ist eine regelmässige Reinigung wichtig. Darum ist es sinnvoll, dass geklärt wird, wer die Container in einer gewissen Regelmässigkeit reinigt. Ebenfalls ist wichtig, dass die richtigen Abfälle im Bioabfall landen. Dies ist heute nicht immer der Fall. Dies beobachten wir selbst auch in unserer Nachbarschaft: nicht selten landen Plastiksäcke im Bioabfall. Es scheint unklar zu sein, dass kompostierbare Säcke in den Bioabfall gehören, Plastiksäcke aber nicht. Das ist äusserst ungünstig. Darum ist es gerade im Hinblick auf die flächendeckende Einführung wichtig, die Bevölkerung zu sensibilisieren, was in den Bioabfall gehört und was nicht. 

Ein weiterer Vorstoss handelt von der Reduktion des CO2-Ausstosses im Bereich Textilien. Dies scheint ein Bereich zu sein, der in der öffentlichen Debatte kaum Beachtung findet, wenn es spezifisch um Klimapolitik geht. Wieso ist dieser Bereich trotzdem wichtig, und was will euer Vorstoss genau erreichen?

Selina Walgis: Momentan beträgt der Textilien-Konsum in der Schweiz pro Kopf rund 30 kg. So ist rund 8 Prozent der Klimabelastung der totalen Treibhausgasemissionen pro Einwohner*in auf den Konsum an Textil- und Schuhproduktion zurückzuführen. Dass der Konsum gesenkt und die lokale Wiederverwendung gefördert wird, ist für den Klimaschutz also zentral. Rund 2000 Tonnen Kleidung landet jährlich in der Stadt Zürich in den Kleidersammlungs-Containern, wovon nur rund die Hälfte als Kleidung wiederverwendet wird. Die in den Kleidersammelcontainern gesammelten Altkleider werden oft in Osteuropa, Afrika oder Asien weiterverkauft, mit teilweise negativer Wirkung auf den einheimischen Textilmarkt. Das ist alles andere als ideal und zeigt, wie viel Potential wir bei der effizienten Schliessung vom Kreislauf im Bereich der Kleidung haben. Das Ziel des Vorstosses ist, durch Förderung der lokalen Wiederverwendung von Kleidung den Konsum zu senken, damit das Klima zu schützen und gleichzeitig den Textilabfall zu minimieren. 

Der vierte Vorstoss will mehr Getränkekarton-Recycling. Wieso werden diese Getränkekartons bisher nicht recycelt und wieso ist dies wichtig?

Anna-Béatrice Schmaltz: Das Verfahren ist leider noch nicht so verbreitet. Doch es ist schon heute gut möglich und wird teilweise schon gemacht. Das flächendeckende Getränkekarton-Recycling würde viele Ressourcen einsparen – vor allem Holz. Durch die Wiederverwendung der Papierfasern aller in der Schweiz in einem Jahr auf den Markt gebrachten Getränkekartons, kann in der Kartonindustrie so viel Holz eingespart werden, wie in einem Jahr auf einer Fläche von 11’000 Fussballfeldern angebaut werden müsste. Es lohnt sich, Getränkekartons zu recyceln.