Der 22. September ist der internationale autofreie Tag. Seit etwa 15 Jahren organisieren wir darum an genau diesem Datum eine Velodemo in Zürich, um mindestens einen Teil der Stadt autofrei zu bekommen. Zuerst als Junge Grüne, dann als GRÜNE und seit letztem Jahr zusammen mit den Velo Mänsche Züri. Für mich ist das jeweils ein Höhepunkt es Jahres. Ich liebe es, entspannt mit Freund*innen, Musik und für einmal mit so richtig viel Platz durch die Stadt zu pedalen.

Die Velodemo ist jedoch kein reiner Spassevent. Sie ist, wie der Name richtig suggeriert, eine Demo. Eine Demo vor allem für eine gerechtere Platzverteilung auf unseren Strassen. Schon viel zu lange dominieren die Standheizungen auf vier Rädern (auch Auto genannt) unseren öffentlichen Raum. Pro Auto werden so über 100 Quadratmeter Infrastruktur gebraucht. Das sind mehr als zehnmal mehr, als pro velofahrende Person benötigt wird. Diese Platzverschwendung muss endlich aufhören. Wir wollen unseren Raum zurück! Zum Velofahren, zum Verweilen oder auch einfach nur, um etwas mehr Grün in der Stadt zu verteilen.

Dazu brauchen wir Platz und den hat es im Überfluss für die ungebremste Autoinfrastruktur. Vor allem auch in Form von Parkplätzen. Doch für jeden einzelnen Parkplatz, den wir umwidmen möchten, machen die Autoverbände Einsprachen bis vor Bundesgericht. Sie sehen ihre Brötchen davonschwimmen, denn ohne Parkplätze ist das Autofahren auch nicht mehr so attraktiv und somit verschwinden auch ihre Mitglieder. Ich finde da die Strategie der Stadt ganz richtig, statt mit jedem einzelnen Parkplatz durch alle Instanzen zu ziehen, macht sie es jetzt halt gerade zu Hunderten. Recht so!

Wir werden diese Stadt verkehrstechnisch umbauen müssen, wenn wir in Zukunft in einer lebenswerten Stadt wohnen möchten. Und damit meine ich nicht Elektroautos, die sind genau so platzverschwendend oder, wie Harald Welzer meinte, einfach das Methadon statt Heroin für Automobilist*innen. Ich möchte die Menschen sehen und keine mörderischen Stahlkarossen mit hohem Tempo vor der Nase haben. Kommt raus aus euren Karren und steigt in die Sättel oder zieht die Schuhe an, denn hier findet das Leben statt.

Die grösste Frechheit finde ich persönlich, Velofahrende als Rowdys zu bezeichnen. Nebst dem, dass auch Frauen Velo fahren, ist es ja kein Wunder, dass wir uns mitunter den Platz nehmen müssen, den wir zum Fahren brauchen, wenn es schlicht keine Infrastruktur für uns gibt. Und wenn die ganze Stadt zugebaut ist mit Lichtsignalanlagen, damit die Autos mit mörderischem Tempo durch die Stadt brausen können, dann ist das halt häufig einfach eine sinnlose Installation für Velofahrende. Ich sage, wegg mit den Lichtsignalen. Schauen wir uns wider an beim Velofahren!

Und wenn jemand meint, für den Transport ist das Auto wichtig, dann sage ich: Über 50% der Güter sind weniger als 50 kg schwer und fahren keine 5 km. Für die grösseren Güter taugt das Auto sowieso nicht. Also ihr Gefahrengüter, ihre Bürohengste, steigt aus und entdeckt die Freiheit auf zwei Rädern. Wir sind der neue Verkehr und heute gehören die Strassen uns!

Matthias Probst

Gemeinderatspräsident, Gemeinderat GRÜNE Zürich