Mi 26.08.20

«Die Diskussion über die Entstehung der Sammlung Bührle, über ihre Einbettung und historische Kontextualisierung in der Schweizer Geschichte (…) müssen und wollen wir führen, aber seriös, ernsthaft und differenziert.»

Das sagte Corine Mauch am 16. März 2016. Und in der Antwort auf eine schriftliche Anfrage, in der die Stadt Zürich über einen Auftrag an die Universität Zürich informierte, doppelte der Stadtrat nach: «Die Wahl von unabhängigen Historikerinnen und Historikern soll sicherstellen, dass von keiner Seite Einfluss auf die Ausrichtung der Forschungsarbeiten genommen wird.» Ein wissenschaftlicher Beirat habe den Auftrag, die wissenschaftliche Qualität der Beiträge zu spiegeln und mit kritischer Distanz auf die Darstellung zu schauen.

Und natürlich gab es da noch einen Steuerungsausschuss. Unsere Einschätzung war damals schon, dass die Zusammensetzung dieses Gremiums nicht gerade zur Akzeptanz der Forschungsarbeiten beitragen werde. Einsitz nahmen Walter B. Kielholz, Präsident der Zürcher Kunstgesellschaft, Christian Bührle, Präsident der Sammlung Stiftung E. G. Bührle und als beratender Beisitzer Lukas Gloor, von seiner Funktion als Direktor der Stiftung Sammlung E. G. Bührle oberster Weisswäscher. Dem entgegnete der Stadtrat, dass die anerkannten Fachleute für die Unabhängigkeit und Qualität der Kontextualisierung stünden. «Der Steuerungsausschuss nimmt auf diese wissenschaftlichen Arbeiten keinen Einfluss.»

Nun durften wir in der Wochenzeitung vom 20. August 2020 lesen, dass der Steuerungsausschuss auf die wissenschaftlichen Arbeiten sehr wohl Einfluss genommen hat. Aus einem Austausch mit dem Steuerungsausschuss sei ein eigentliches Gegenlesen geworden, lässt der Auftragnehmer, Professor Matthieu Leimgruber, verlauten. Und am Gegenlesen nahm auch der beratende Beisitzer der Stadt Zürich, Peter Haerle, Direktor Kultur Stadt Zürich, intensiv teil.

Für diese Einflussnahme gibt es eigentlich nur zwei Interpretationen. Entweder wurden wir mit der Antwort auf die schriftliche Anfrage 2017/400 schlicht und einfach angelogen. Oder dann ist es Corine Mauch nicht gelungen, ihre Gspänli in diesem Steuerungsausschuss aus der wissenschaftlichen Korrekturarbeit, die dem wissenschaftlichen Beirat obläge, herauszuhalten.

Ob eine solche Einflussnahme nun fachlich korrekt ist, das überlassen wir der Uni Zürich, die durch diese unbedarften Interventionen nun damit bestraft wird, dass sie auch selber noch eine Untersuchung durchführen muss.

Politisch ist eine solche Einflussnahme für uns absolut inakzeptabel. Nachdem sie nun aber erfolgt ist, erwarten wir von der Stadt Zürich, dass sie das Kunsthaus darauf verpflichtet, bei der nachhaltigen Vermittlung und Präsentation der Forschungsergebnisse, den «Geist der selbstbewussten Offenheit» einzulösen, den sie mit dem Projektauftrag versprochen hat.

Aber vermutlich hat Kaspar Surber auch einfach Recht, wenn er in der Wochenzeitung schreibt: «Die Geschichte von Bührle, diese Weltgeschichte einer unmoralischen Bereicherung, ist vielleicht einfach etwas zu gross für Zürich. Oder steht sie gar, darum auch der wiederholte Streit, für die Geschichte von Zürich selbst?»