Von Julia Hofstetter, Gemeinderätin Grüne

Ich wohne in einem Haus, das in zwei Jahren abgerissen wird. Wir Mieterinnen und Mieter haben deshalb die Kündigung erhalten. Das Haus steht in Zürich und man kann da, wo es jetzt steht viele Wohnungen drauf bauen und diese teuer vermieten. Das ist in Zürich so. Das ist in vielen Städten so. Weil die globale Immobilienbranche ausser Rand und Band geraten ist. Weil man weltweit mit Boden spekulieren darf. Weil der Markt ungeniert seine Spiele spielen darf. Das Haus, in dem ich wohne gehört einer maximal profitorientierten Anlagestiftung. Sie hat das Haus verlottern lassen. Wasserflecken überall, die Dachrinne ist verstopft und leckt…. Ausser der prekären Wohnsituation in den Städten haben wir mit der Art und Weise wie wir wohnen aber noch ein weiteres Problem. Die meisten Wohnungen in der Schweiz sind fossil beheizt. Mit verheerenden Auswirkungen aufs Klima.

Nun stimmen wir im Kanton Zürich Ende November über das neue Energiegesetz ab. Dieser Klimadeal ist enorm wichtig, damit wir die Klimaziele erreichen können. Der Klimadeal sorgt dafür, dass die Heizungen fossilfrei werden. Mittels Fördergeldern und einheitlichen Vorgaben. Ein Ja zum neuen Energiegesetz ist wichtig. Ich bin drum grad sehr enttäuscht vom Mieterinnen- und Mieterverband Zürich. Der Vorstand konnte sich mit einer knappen Mehrheit nicht zu einer Haltung zum Energiegesetz durchringen, weil er die Vorlage auf eine ungute Art mit der Wohnungsnot vermischt. Der Mieter:innenverband gibt also keine Abstimmungsempfehlung zum Energiegesetz?!? Spekulant:innen finden immer einen Weg Profit zu machen. Dafür brauchen sie kein Energiegesetz. Klimaschutz ist dringlicher denn je und natürlich wäre es bequem, nichts zu machen. Aber Bequemlichkeit ist grad nicht wirklich angebracht.

Mieterschutz ist wichtig. Klimaschutz ist wichtig. Wer diese beiden Anliegen gegeneinander ausspielt macht es sich zu einfach. Deshalb wäre es schön gewesen, hätte der Mieter:innenverband ein klares Zeichen für Klima- und Mieterschutz gesetzt. Es braucht die andauernde Diskussion, weshalb es gesellschaftlich immer noch akzeptiert ist, mit dem Kauf und Verkauf von Boden Gewinne zu erzielen. Es muss die Frage gestellt werden, wie Städte beim Landkauf gestärkt werden können. Es braucht Rahmenbedingungen, welche verhindern, dass Spekulant:innen aus einer Klimaschutzmassnahme Profit schlagen dürfen. Das sind Fragen, die wir lösen müssen. Und natürlich sind nicht alle Hausbesitzer:innen Spekulantinnen und Spekulanten. Natürlich treibt manche die Sorge um, von wo sie das Geld hernehmen zum Sanieren ihrer Häuser. Aber beim Energiegesetz geht es hauptsächlich um den Heizungsersatz und mit einem Wechsel wird es grundsätzlich günstiger. Ausserdem hat das Energiegesetz Ausnahmeregelegungen, damit eben genau der Klimaschutz, um den es hier geht, nicht zum Kostentreiber wird. Gemäss Energiegesetz darf auf einen Umstieg bei der Heizung verzichten werden, wenn

  • es technisch sehr aufwändig ist
  • wenn die Gesamtheizkosten über 20 Jahre (inkl. Anfangsinvestitionen und nötige Massnahmen am Gebäude) mehr als 5% zunehmen
  • wenn durch die Eigentümer nicht finanzierbar (sog. Härtefälle)

Dadurch garantiert das Energiegesetz, dass niemand finanziell unter die Räder kommt. Diese Aspekte hat der Mieterinnen- und Mieterverband Zürich nicht in seine Überlegungen miteinbezogen. Das ist fahrlässig.