Gemeinsame Fraktionserklärung der Grünen und der Alternativen Liste

Am Samstag 5. November 2021 hat die Republik den 3. Teil von Daniel Binswangers «Bührle-Connection» veröffentlicht. Er enthält zahlreiche verstörende Details zum Versuch, die seit kurzem im Erweiterungsbau des Kunsthauses zugängliche Bührle-Sammlung reinzuwaschen. Und er stellt die unrühmliche Rolle dar, die Vertreter*innen von Stadt und Kanton Zürich in diesem Versuch gespielt haben.

Besonders verstörend sind die Belege für die direkte Einflussnahme von Politik, Kunsthaus und Bührle-Stiftung auf die bei der Universität Zürich in Auftrag gegebene Forschungsarbeit. Auf dem Spiel stand und steht nichts mehr und nichts weniger als die Freiheit der wissenschaftlichen Forschung.

Der Versuch, die Verbindung zwischen den Wirtschaftsaktivitäten von Bührle, dem NS-Konzentrationslager-System und der jetzt am Pfauen ausgestellten Kunstsammlung zu unterschlagen, ist gescheitert. Was bleibt sind Fragen. Es sind – wie Daniel Binswanger richtig schreibt – «qualvolle Fragen zu unserem historischen Erbe. Beschämende Fragen zu unserer Erinnerungs¬politik.»

Er endet mit der Aufforderung an die Politik: «Es ist Zeit für Antworten. Für wissenschaftliche Aufklärung. Für saubere Prozesse. Es gibt keinen Grund, weshalb diese Antworten nicht gegeben werden sollten. Es bräuchte dazu allerdings den politischen Willen.»

Diesen politischen Willen müssen wir aufbringen.

Ehemalige Mitglieder und Mitarbeitende der Unabhängigen Expertenkommission: Schweiz ‒ Zweiter Weltkrieg (UEK) – der sogenannten „Bergier-Kommission» – haben dies in drei Forderungen zur Sammlung Bührle im Kunsthaus Zürich zusammengefasst.

1.) Wir fordern von der Stadt und dem Kanton Zürich eine Weiterführung der historischen Forschung im Zusammenhang mit der Sammlung Bührle sowie eine Evaluation der durch die Stiftung geleisteten Provenienzforschung durch eine unabhängige und neutrale Expertenkommission.

2.) Wir fordern vom Kunsthaus Zürich, dass der Dokumentationsraum zur Sammlung Bührle von unabhängigen Expertinnen und Experten auf der Basis des aktuellen Forschungsstandes und die Sammlung sowie die Geschichte der ehemaligen Besitzer und Besitzerinnen eingehend kontextualisiert werden.

3.) Wir fordern vom Bund die Einsetzung eines unabhängigen Gremiums, das zwischen Anspruchsberechtigten sowie Sammlerinnen und Sammlern, Museen oder anderen bewahrenden Institutionen eine gerechte und faire Lösung für alle Beteiligten im Sinne des Washingtoner Abkommens vom 03.12.1998 sowie der Theresienstädter Erklärung vom 30.06.2009 vermittelt.

Die Fraktionen von Grünen und AL schliessen sich diesen Forderungen an und hoffen, dass dies – nach Corine Mauch und Jacqueline Fehr – auch alle Fraktionen tun.

Wir erwarten zudem, dass der Stadtrat

1. unverzüglich das Gespräch mit der Stiftung Bührle, der Kunstgesellschaft und dem Kunsthaus über eine umfassende Revision des Leihvertrags aufnimmt, und

2. beim Kunsthaus interveniert, dass jedem Bild der Bührle-Sammlung ein Hinweis zur Provenienz beigefügt wird – so wie das das Kunstmuseum Bern mit den Gurlitt-Bildern gemacht hat.